Die Isetta ist eine Ikone der Automobilgeschichte. Doch woher stammt eigentlich ihr Name? Und was verbindet die kultige Knutschkugel mit Kühlschränken?
Antworten liefert die wundervolle Geschichte des BMW-Oldtimers.
01.01.25
01.01.25
Heute ist die BMW Isetta ein äußerst begehrter Oldtimer und man würde sie wohl als Micro Mobility Vehicle bezeichnen. Der Kleinstwagen aus München vereinte ein cleveres Konzept mit dem Charme der Bescheidenheit. Dennoch war die Isetta für die damalige Zeit durchaus ein vollständiges Automobil. Ihre Geburt verdankt sie allerdings einer Notlage.
BMW stand Mitte der 1950er-Jahre kurz vor der Pleite: Die Motorradproduktion ging zurück. Im Autobereich stellten die großen Fahrzeuge wie die Typen 503 und 507 ein Zuschussgeschäft dar, da diese (zu) aufwendig produziert wurden. „Erstes Ziel war es also, einen Wagen in das Modellprogramm zu hieven, der möglichst schnell Geld in die Kassen spült“, erklärt Axel Klinger-Köhnlein, Experte der BMW Group Classic.
BMW benötigte also ein neues Modell, ohne dafür größere Entwicklungskosten aufwenden zu müssen. Beim Turiner Autosalon 1954 fand BMW die Lösung: Auf dem Stand von Iso Rivolta, einem italienischen Hersteller von Kühlschränken und Miniautos, stand ein Dreirad mit einer riesigen Fronttür: die Iso Isetta. Die BMW-Delegation erwarb die Lizenzrechte für die Isetta und die Produktionsanlagen gleich mit.
Zunächst musste BMW den Motor und das Fahrwerk des Italo-Rollers „verfeinern“, wie Klinger-Köhnlein es ausdrückt. Die technischen Daten klangen jedoch auch nach der Modifikation durch die leistungsverwöhnten BMW-Entwickler bescheiden: Der auf mehr Laufruhe getrimmte Einzylinder-Viertakter mit 250 cm³ Hubraum aus dem Motorrad R25 leistete zu Beginn der Produktion im Jahr 1955 in der BMW Isetta 250 genau 12 PS.
Beim Namen des Kabinenrollers orientierte sich BMW an seinen Wurzeln. Isetta ist die italienische Verniedlichungsform von Iso. Anders bei der Anzahl der Räder: Während das Original nur deren drei hatte, rollte die Isetta in der deutschen Version mit vier Rädern vom Produktionsband. 1956 schob der bayerische Hersteller die drehmomentstärkere Version BMW Isetta 300 mit 300 cm³ Hubraum und 13 PS Leistung nach. In beiden Versionen schaffte das Rollermobil 85 km/h Spitzengeschwindigkeit.
Das BMW-Marketing erfand für den Kabinenroller den Begriff „Motocoupé“. Der Volksmund taufte die kleine Isetta liebevoll „Knutschkugel“. Auf kurzen Distanzen und in der Stadt fuhr man mit der Heldin des Alltags konkurrenzlos flink. Dank einer Länge von nur 2,28 Metern und eines Fliegengewichts von 350 Kilogramm war sie so wendig und flexibel wie kaum ein anderes Fahrzeug. Auch saßen zwei erwachsene Passagiere wie in einem „richtigen“ Auto nebeneinander – das konnte kein anderes Mikromobil bieten.
Die nach vorne öffnende Fronttür, Marke Kühlschrank, ermöglichte ein bequemes Einsteigen. Dabei schwangen Lenkrad und Lenksäule mit der Tür zur Seite. Nur die Koffer mussten draußen bleiben. Sie fanden Platz auf einem auf das Heck montierten Gepäckträger. Das Publikum verstand: Die Isetta war keine geschrumpfte Limousine, sondern ein Auto ganz neuer Prägung. Eines, das genau zur richtigen Zeit auf den Markt kam. Eben das Mikromobil der 1950er-Jahre.
Die Änderungen an der Isetta während ihrer Laufzeit waren überschaubar. So hatte die erste Serie ein größeres Heckfenster als die zweite, und die Ausstellfenster wurden durch Schiebefenster ersetzt. Alle Isetten besitzen übrigens ein Stoffverdeck, ähnlich den heutigen Schiebedächern. Nicht, weil das so von den Kunden gewünscht wurde, wie BMW-Group-Classic-Experte Klinger-Köhnlein betont. Sondern weil aufgrund des Einstiegs über die Fronttür ein Notausstieg vorgeschrieben war.
Das Motocoupé entwickelte sich für BMW zum dringend benötigten Verkaufsschlager. Für zunächst 2.550 D-Mark (heute umgerechnet rund 1.300 Euro) konnte sich eine breite Zielgruppe die Isetta leisten. Zudem benötigten die Fahrer eines solchen Mikroautos damals nicht den teuren Pkw-Führerschein, ihnen genügte eine Motorradlizenz.
Mit 10.000 bereits im ersten Jahr verkauften Exemplaren rollte die Isetta direkt in die Herzen der Deutschen und später auch in die anderer Nationen. Insgesamt wurden in acht Baujahren 161.728 Isetten verkauft. Sie ist bis heute eines der erfolgreichsten Einzylinderautos der Welt. Mit der Produktionseinstellung 1962 ging die Zeit der Kabinenroller zu Ende. Mit dem wachsenden Wohlstand waren jetzt vollwertige Autos gefragt.
Rückblickend würde man die BMW Isetta eher in den Gassen einer italienischen Altstadt verorten als auf deutschen Autobahnen. Dennoch hatte sie zwischen Flensburg und München mehr Erfolg als in ihrer italienischen Heimat. Gleichzeitig kam sie immer wieder nach Italien zurück: als Urlaubsgefährtin der Deutschen. Sie überwanden mit der Isetta den Brennerpass über die Alpen, um sich mit Sonne, Pasta und Dolce Vita zu verwöhnen.
Diese Faszination, dieses Lebensgefühl – dafür steht die BMW Isetta noch heute. „In der Münchner BMW Welt zieht die Isetta die größte Aufmerksamkeit auf sich“, hat Klinger-Köhnlein beobachtet. Viele Besucher lassen sich sogar ein Stück in der Isetta fahren – als liebevolle Zeitreise in die 1950er-Jahre.